Freiburger Schriften zur Hydrologie

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Band/volume 27: Schwientek M. (2008):

Biogeochemical characterization of the groundwater system at the Test Field Scheyern using environmental isotope

Grundwasser ist eine der bedeutendsten Süßwasserressourcen. Das Verständnis von Prozessen, die den Verbleib von Schadstoffen steuern, sowie das Verständnis prozesslimitierender Faktoren ist von entscheidender Bedeutung für eine nachhaltige Bewirtschaftung. Nitrat, einer der am weitesten verbreiteten agrochemischen Schadstoffe, ist leicht abbaubar, wenn organische Energiequellen verfügbar sind. Es ist jedoch noch nicht vollständig geklärt, ob Nitrat auch in Aquiferen mit geringem Gehalt an organischen Substanzen effektiv eliminiert werden kann und welche Rolle Pyrit für die Denitrifizierung spielt. Um die relevanten Prozesse weiter zu klären, wurde Grundwasser eines ungespannten porösen Aquifers in Süddeutschland beprobt. Hierfür standen Multilevel-Brunnen bis 30 m Tiefe mit einer vertikalen Auflösung von 1 m zur Verfügung. Die Wasserproben wurden hinsichtlich der Gehalte an Tritium und Fluorchlorkohlenwasserstoffen sowie physikochemischer Parameter analysiert. Weiterhin wurde die Isotopen-Zusammensetzung von Nitrat (δ15N, δ18O) und Sulfat (δ34S, δ18O) im Grundwasser bestimmt. Die Beprobung im Feld wurde ergänzt durch eine Bohrung bis 30 m Tiefe. Der erbohrte Kern wurde hinsichtlich Geochemie und Isotopie von Schwefel-Spezies analysiert.
Basierend auf den Tritium-Konzentrationen wurde mit Hilfe eines Lumped Parameter-Ansatzes ein Tiefenprofil der mittleren Verweilzeiten des Grundwassers modelliert. Das Profil wies zwei charakteristische Maxima von jeweils etwa 100 Jahren Verweilzeit auf. „Particle Tracking“-Analysen, angewendet auf die Fließbahnen zwischen den Orten der Grundwasserneubildung und diskreten Tiefen der Beprobungsbrunnen, konnten aufzeigen, dass die modellierte Verweilzeit-Verteilung maßgeblich von der Fließstrecke durch die ungesättigte Zone am Ort der Neubildung bestimmt wird.  Die Nutzung der Fluorchlorkohlenwasserstoffe für die Verweilzeit-Modellierung erbrachte geringere Fließzeiten als die auf Tritium basierende Modellierung. Dies wurde durch den schnelleren Transport der Fluorchlorkohlenwasserstoffe durch die ungesättigte Zone erklärt. Damit erscheint bestätigt, dass der Einfluss von variablen Fließstrecken durch die ungesättigte Zone den Effekt von lokalen Heterogenitäten auf die Verteilung von Verweilzeiten überwiegen kann.
Chemische Parameter und stabile Isotope zeigten, dass der aerobe Teil des Aquifers mit mittleren Verweilzeiten des Wassers von etwa 60 Jahren durch Nitrat-Konzentrationen um 15 mg/l charakterisiert wird und für Nitrifikations-Prozesse typische δ15N-Werte im Nitrat aufweist. Im Gegensatz dazu wurden in den anaeroben Bereichen mit mittleren Verweilzeiten bis 100 Jahre nur sehr geringe Nitrat-Konzentrationen gefunden, die zudem mit erhöhten δ15N-Werten einhergingen. Des Weiteren belegten die Isotopen-Zusammensetzungen von Grundwasser-Sulfat und Schwefel-Verbindungen im Sediment des Aquifers, dass Pyrit-Oxidation die vorherrschende Sulfat-Quelle im Aquifer darstellt. Der Trend von zunehmenden δ15N-Werten und abnehmenden Nitrat-Konzentrationen korrelierte mit abgereicherten δ34S-Werten des Grundwasser-Sulfats, welche wiederum den δ34S-Werten des sedimentären Pyrits, FeS2, sehr ähnlich waren. Hieraus ließ sich ableiten, dass Denitrifikation, gekoppelt mit Pyrit-Oxidation, ein dominierender biogeochemischer Prozess in diesem Aquifer ist. Weiterführende mikrobiologische Labor-Experimente mit dem Sediment des Bohrkerns indizierten, dass die Denitrifikation durch Fe(II) angetrieben wird. Das daraus resultierende Fe(III) ist ein effizientes Oxidationsmittel für Pyrit. Deshalb wird ein Elektronen-Shuttle mittels eines zyklischen Fe(II)-Fe(III)-Prozesses als Verknüpfung zwischen Pyrit-Oxidation und Denitrifikation vorgeschlagen.
Ein regulierender Faktor dieser biogeochemischen Prozesse im Aquifer ist einerseits die mittlere Verweilzeit des Wassers, welche die Redox-Bedingungen maßgeblich beeinflusst. Andererseits ist der variierende Gehalt an Schluff und Ton im Sediment von entscheidender Bedeutung, da die Energie-Quellen für den mikrobiellen Metabolismus vorwiegend durch die feinen Kornfraktionen zur Verfügung gestellt werden.