Freiburger Schriften zur Hydrologie
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Band/volume 9: LANGE J. (1999):
A non-calibrated rainfall-runoff model for large arid catchments, Nahal
Zin, Israel
In der Vergangenheit fanden hauptsächlich in kleinen ariden Einzugsgebieten
umfangreiche hydrologische Forschungsarbeiten statt. Es zeigte sich, daß
hauptsächlich zwei Prozesse die Entstehung von Abflußereignissen
in Trockengebieten dominieren: (a) Bildung und räumliche Konzentration
von Oberflächenabfluß als direkte Antwort auf räumlich
eng begrenzte Niederschläge von hoher Intensität und (b) Infiltrationsverluste
in das trockene Gerinnebett. Die vorliegende Arbeit möchte sich dieses
Wissen zunutze machen und es in eine gründliche Analyse von einzelnen
Extremereignissen in einem großen ariden Einzugsgebiet einfließen
lassen. Dafür war jedoch als geeignetes Werkzeug ein Niederschlags-Abflußmodell
nötig, das nicht auf die Kalibrierung mit gemessenen Abflußdaten
angewiesen war.
So wurde ein nicht-kalibriertes Niederschlags-Abflußmodell im 1400
km2 großen ariden Einzugsgebiet des Nahal Zin, nördlicher Negev,
Israel entwickelt. Als Eingangsgröße verwendete das Modell
ein räumliches Niederschlagsmuster. Jenes wurde im Gebiet auf verschiedene
Oberflächentypen verteilt, die zuvor anhand von wichtigen hydrologischen
Eigenschaften ausgeschieden worden waren. Die Bildung von Horton-Oberflächenabfluß
wurde unabhängig für jeden Oberflächentyp parametrisiert.
Hierzu wurden Anfangsverluste und zeitliche Abnahmen von Infiltrationsraten
aus Feldversuchen herangezogen. Das räumliche Muster von gebildetem
Oberflächenabfluß wurde dann auf über 800 Teileinzugsgebiete
(Modellelemente) verteilt. Jene waren durch die Topographie vorgegeben.
Eine mittlere Antwortfunktion, die in einem ähnlichen Einzugsgebiet
ermittelt worden war, löste den Zufluß von den einzelnen Modellelementen
in angrenzende Gerinnesegmente zeitlich auf. Im Gerinnenetz beschrieb
die MVPMC3-Methode des Muskingum-Cunge-Verfahrens unter Berücksichtigung
von Gerinnedimension und Rauigkeit den Wellenablauf. Eine konstante Infiltrationsrate
vollzog in jedem Gerinnesegment die Abflußverluste in das Gerinnebett
nach. Jene wurden gestoppt, wenn die Feuchtefront die Grenze des verfügbaren
Flußbettspeichers erreicht hatte.
Im Nahal Zin war keines der zwei großen Abflußereignisse,
die für eine Modellanwendung zur Verfügung standen, komplett
meßtechnisch erfaßt. So half das Modell bei beiden, die Abflußentstehung
zu analysieren.
Im Oktober 1979 erzeugte eine räumlich eng begrenzte, konvektive
Niederschlagszelle ein Großereignis im oberen Teil des Einzugsgebiets.
Zu dieser Zeit existierte noch kein Niederschlagsradar, wodurch nur die
Wellenablaufkomponente des Modells mit gemessenen Daten verglichen werden
konnte. Trotzdem konnte Hauptzonen des gefallenden Niederschlags und der
Abflußbildung sinnvoll rekonstruiert werden. Dies war durch eine
Umkehrung des Modells in ein 'Abfluß-Niederschlagsmodell' möglich.
Sowohl simulierte als auch gemessene Abflußganglinien dokumentierten,
daß Abflußereignisse völlig verschwinden können,
wenn sie lange Strecken auf trockenen ariden Gerinnen zurücklegen.
Im Oktober 1991 zeigten sowohl sechs Niederschlagsschreiber als auch ein
Niederschlagsradar ein umfangreiches System aus linienhaft aufgereihten
Niederschlagszellen. Jedoch wurden sämtliche Abflußmeßstationen
zerstört und Abflußspitzen mußten nachträglich rekonstruiert
werden. Modellergebnisse paßten gut zu den rekonstruierten Abflußspitzen,
sie lagen in deren Unsicherheitsbereichen. In nahezu dem gesamten Einzugsgebiet
fand Abflußbildung statt, deren räumliches Muster noch die
Zugbahnen der einzelnen Konvektivzellen erahnen ließ. Die verzögerte
Reaktion eines oberen Teileinzugsgebietes führte zu einem direkten
Aufsteilen der Abflußspitze, welche im weiteren Verlauf kaum noch
abnahm. Dies war der Fall, weil vorauseilende Abflußspitzen von
unteren Teileinzugsgebieten das sonst trockene Gerinnebett aufgesättigt
hatten. Die folgende Hauptabflußwelle schoß danach über
ein fast gesättigtes Alluvium. Dies mag als Beispiel dafür dienen,
daß Gerinnebettverluste nur bedingt auf Abflußspitzen wirken
können, wenn wichtige Teileinzugsgebiete aktiv sind.
Die Unsicherheitsbereiche der einzelnen Modellparameter erlaubten es,
die maximale und gesamte Modellunsicherheit abzuschätzen. Hierbei
wirkten sich unterschiedliche Ereignischarakteristika auf die Modellunsicherheit
und auf die Sensitivität einzelner Parameter aus. Im Oktober 1979
überstieg die maximale, von der Parametrisierung herrührende
Modellunsicherheit 300 % und war von Parametern geprägt, die die
Gerinnebettverluste beschrieben. Im Oktober 1991 betrug dieser Wert nur
90 % und Infiltrationcharakteristika der Oberflächen wurden bedeutender.
Dennoch zeigten Vergleiche zu bestehenden kalibrierten und regionalisierten
Modellen, daß das neu entwickelte Modell jenen Ansätzen überlegen
ist, wenn Abflußentstehung (z.B. seltene Extremabflüsse) oder
Fließprozesse (z.B. Konzentrationszeiten oder Fließgeschwindigkeiten)
zu Bedingungen oder in Gebieten simuliert werden sollen, in denen keine
Geländemessungen vorliegen. Folglich kann das Modell in ungemessenen
Gebieten sinnvoll zur Vorhersage von positiven und negativen Auswirkungen
von Trockengebietsabflüssen eingesetzt werden. Dies kann zu einem
verläßlicheren Hochwasserschutz (durch eine 'geländebasierte'
Abschätzung von extremen Abflüssen und deren Konzentration)
sowie zu Abschätzungen der Wasservolumina führen, die zur Grundwasserneubildung
im Mündungsbereich großer Trockengebietsflüsse zur Verfügung
stehen.
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